Ein geschichtlicher Rückblick

Deutsche Meisterschaft Downhill

Seit 1993 wird die Deutsche Meisterschaft im Bereich Mountainbike Downhill jetzt schon ausgetragen. Das heißt, in diesem Jahr findet das wichtigste Rennen der nationalen Abfahrtsszene zum 27. Mal statt, nun aber zum ersten Mal in der Geschichte in Thale.

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Marcus Klausmann bei seinem Sieg 2013 in Bad Wildbad Marcus Klausmann bei seinem Sieg 2013 in Bad Wildbad

Die Deutsche Meisterschaft steht vor der Tür und dies ist Grund genug, die vergangenen Jahre wieder einmal Revue passieren zu lassen, denn wer kann sich noch an die Titelträger oder gar an die Austragungsorte erinnern. Schon in den letzten Jahren veröffentlichten wir diesen nun aktualisierten Artikel, aber sicherlich gibt es einige, die ihn nicht gelesen hatten oder den mit vielen Informationen versehenen Beitrag längst wieder aus den Katakomben des Gedächtnisses verbannt haben. Freilich könnte man sagen, dass wir auch mal einen neuen Artikel dazu schreiben könnten, aber die Geschichte würde die gleiche sein und warum soll man historische Abrisse neu formulieren.

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Die Anfänge

Los ging es also im Jahr 1993 in Mayen. Es war gleichzeitig das erste Jahr in dem ein Downhill Weltcup ausgetragen wurde. Drei Jahre zuvor gab es aber schon in Durango/USA die erste Weltmeisterschaft der noch jungen Disziplin. Eigentlich war Deutschland also gar nicht so spät dran. Anfang der neunziger Jahre war wohl in Eifa das erste richtige deutsche Downhill Rennen. Bei der ersten DM gingen schon etwa 400 Teilnehmer an den Start. Gewinnen konnten Jürgen Sprich (Scott) und Hedda zu Putlitz (Schwalbe Racing Team). Das Equipment hatte wenig damit zu tun, was man heute auf den Rennen sieht, eigentlich waren es normale CC-Bikes, aber auch die über fünf Kilometer lange und 300 Höhenmeter umfassende Strecke war eher auf abschüssigen Waldwegen angelegt. In den darauffolgenden Jahren machte die DM Station in Hallenberg-Liesen, Gammelsbach und Tabarz. Kein geringer als Jürgen Beneke (Schwinn) sicherte sich dreimal hintereinander den Sieg, was allerdings wenig überraschte, hatte er doch bereits 1993 die Weltcup Gesamtwertung für sich entscheiden können. Auch Regina Stiefl (später für Fiat Rotwild) gewann 1993 den Gesamtweltcup und konnte sich in den darauffolgenden Jahren ebenfalls Deutsche Meisterin nennen. Am Ende machte sie noch einen Abstecher von den Bikemagazinen zum Playboy, bevor 1999 Maren Jüllich (Mongoose) und anschließend Britta Kobes ihr den Meistertitel streitig machten. Britta Kobes war damals für Wheeler unterwegs und manch einer könnte sie noch aus der Fernsehwerbung für eine Bank kennen. Unter dem Slogan „Wir machen den Weg frei“ ist die Frau mit den Rastas damals über eine Schlucht gefahren.

Von 1997 bis 2000 konnte Marcus Klausmann (Sintesi, Be One, Hot Chili) seine ersten Titel einsammeln, nachdem er vorher bereits zweimal Deutscher Meister der Junioren war und 1996 auf einem Hot Chili sogar sein erstes und einziges Weltcup Rennen gewinnen konnte. Übrigens sicherte er sich auch 1995 in Kirchzarten den Vizeweltmeistertitel! Ausgetragen wurden die Rennen in Bühlertal, Todtnau, Elkeringhausen und Tabarz.

2001 wurde erstmalig die Meisterschaft in Bad Wildbad ausgetragen und sollte bis einschließlich 2013 noch sechs weitere Male in den Kurort im Schwarzwald zurückkehren. Marcus Klausmann konnte bei der Premiere in Bad Wildbad seinen Titel jedoch nicht verteidigen und musste nach mehreren Stürzen Stefan Kudella (Fiat Rotwild) mit einem knappen Vorsprung den Vortritt lassen. Auch Christiane Rumpf (Team Ancillotti/Rohloff) konnte 2001 einmalig den Titel holen, musste sich aber in den folgenden Jahren immer als Zweite zufrieden geben. Ähnlich erging es in der nicht ganz so weit zurückliegenden Vergangenheit auch Frank Schneider (Nicolai) und Andreas Sieber (erst Solid, dann Radon), die sich gefühlter Maßen mit dem Vizetitel abwechselten.

Frank Schneider war insgesamt 6 Mal auf dem Podest bei einer DM, aber eben nie ganz oben. Frank Schneider war insgesamt 6 Mal auf dem Podest bei einer DM, aber eben nie ganz oben.

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Die Ära Kramer und Klausmann

Im Jahr 2002 setzte Klausmann seine Titelserie fort und bewies, dass Bad Wildbad seine Strecke war. In der Frauen Kategorie konnte sich Sonja Granzow (Power Flower) zumindest für ein Jahr den bewährten Titel holen. Anschließend wurde es rückblickend allerdings etwas eintönig, denn Antje Kramer abonnierte bis 2009 den Titel und war somit sieben Mal hintereinander verdiente Deutsche Meisterin (anfangs für Zonenschein, dann für Giant). Klausmann konnte nur 2008 von André Wagenknecht (661/Shimano/3E) geschlagen werden, wo ein technischer Defekt ihn um einen weiteren Sieg brachte. Austragungsorte der DM waren von 2003 bis 2009 in chronologischer Reihenfolge Bischofsmais, Todtnau, Bischofsmais, Bad Wildbad, Ilmenau, Tabarz und Bad Wildbad.

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Die Wende

Erst 2010 wurde es wieder wirklich spannend, denn erstmalig gastierte das Rennen in Rittershausen. Bereits zum 16. Mal wurde ein Downhillrennen in dem kleinen hessischen Ort ausgetragen und bekannt war, dass auf dieser Strecke Klausmann bisher nur zweimal gewinnen konnte. Aber es kam wie es kommen musste, er war wieder auf den Punkt top fit und sicherte sich den Titel zum zwölften Mal. Bei den Frauen leitete Harriet Rücknagel (OnTheEdge) eine Wende ein, nahm den Titel mit nach Hause und schien fortan diejenige zu sein, die es zu schlagen galt. Im Jahr 2011 schaffte dies in Bad Wildbad aber keine ihrer Konkurrentinnen. In der Klasse Elite Men hingegen musste Klausmann nach einem Sturz im Training das Rennen abbrechen und somit war der Weg frei für Benny Strasser (Mag41.de Racing). 2012 kehrte die DM zum wiederholten Mal nach Ilmenau zurück. Bei einem wirklichen Fest kam es auf der extra modifizierten Strecke unter den Augen und dem Getöse tausender Zuschauer zu einer kleinen Sensation in der Elite Men Klasse. Johannes Fischbach (Ghost), der gerade erst vom Fourcross zum Downhill gewechselt hatte und diese Saison zum Herantasten nutzen wollte, sicherte sich im Seeding Run die Bestzeit und ging somit als Letzter auf den Kurs. Bereits als er in den ehemaligen Schanzenauslauf hineingeflogen kam, war klar, das ist der neue Deutsche Meister und zwar absolut souverän! In der Elite Women Kategorie ließ Harriet Rücknagel nichts anbrennen und machte den Triple perfekt.

Johannes Fischbach auf seinem Weg zum ersten Deutschen Meistertitel im Downhill Johannes Fischbach auf seinem Weg zum ersten Deutschen Meistertitel im Downhill

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Die Revanche

2013 ging es dann also wieder nach Bad Wildbad und bei bestem Wetter sicherten sich erneut Harriet Rücknagel (RAD-ART) und Marcus Klausmann (Ghost Factory) den Titel, wobei Klausmann seine Qualität mit fünf Sekunden Vorsprung auf den vorhergehenden Titelträger Fischbach unter Beweis stellte. 2014 stand dann aber mal ein ganz neuer Veranstaltungsort auf dem Programm. Albstadt konnte sich zwar in der Vergangenheit durch die mehrfache Austragung des Cross Country Weltcups einen Namen machen, aber im Bereich Downhill war es doch eher ein weißer Fleck auf der Landkarte. Die Strecke des mit eher wenigen Höhenmetern ausgestatteten Bikeparks wurde extra modifiziert und wie zu erwarten war, lieferten die Organisatoren ein ordentliches Rennen ab. In der Elite Men Klasse konnte Johannes Fischbach (RRP Ghost) die Revanche mit Klausmann erneut für sich entscheiden. Klausmann musste sich sogar nur mit dem dritten Platz zufriedengeben, da mit Janik Rebmann (RV 1922 Bodelshausen) ein absoluter Newcomer ihm noch zwei Zehntelsekunden abnehmen konnte. In der Frauenklasse setzte Harriet Rücknagel ihre Serie fort und konnte bereits zum fünften Mal in Folge den Titel einfahren. 2015 stand dann mal wieder Todtnau auf dem Programm. Fischbach fuhr erneut den Sieg ein und in der Elite Women Klasse schaffte es Sandra Rübesam (Rose Factory Team), die sich damit wohl ihren absoluten Traum erfüllen konnte.

Sandra Rübesam (GER - Rose Factory Team) © Thomas Dietze Sandra Rübesam (GER - Rose Factory Team) © Thomas Dietze

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Wetterkapriolen

2016 kam dann bereits zum vierten Mal Tabarz zum Zuge. Das Rennen war geprägt von einem Wetterumschwung, der damit das komplette Ergebnis der Elite Men Klasse durcheinander brachte. Mitten im Rennen begann es heftig zu regnen und der noch im Trockenen startende Julius Sauer (Soulrider) sah vom Hot Seat aus zu, wie einer nach dem anderen weit abgeschlagen ins Ziel rollte. Selbst die ganz großen Favoriten schafften es am Ende nicht, die Zeit zu unterbieten und somit konnte er am Ende sein Glück nicht fassen und war damit der Schnellste der Elite Klasse. Deutscher Meister 2016 wurde aber ein anderer, denn laut Reglement wurde der Titel dem Junior Max Hartenstern verliehen.

Julius Sauer war der Glückliche des unglücklichen Wetters Julius Sauer war der Glückliche des unglücklichen Wetters

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Ein Junior wird Elite Meister

2017 war Ilmenau bereits zum dritten Mal Ausrichter der DM. Das Rennen mit der größten Fanszene konnte einmal mehr durch die perfekte Atmosphäre glänzen. Wie immer wurde die Strecke neu abgesteckt und dem Anlass entsprechend präsentiert. Einige Tonnen Erde wurden in neuen Sprüngen, Anliegern und einem Waschbrett verbaut. Viel frischer Waldboden war die zweite Komponente, die das Herz der Teilnehmenden höher schlagen ließ. Aber nicht nur die Strecke war der alleinige Grund, warum das Rennen bei vielen als beste Veranstaltung des Landes gelobt wurde, auch die Zuschauer machten diese Meisterschaft besonders. Der ehemalige Schanzenauslauf oder aber auch die Fankurve sind so nirgends zu finden. Und dann gab es noch eine weitere Besonderheit, die dann schon zum zweiten Mal zum Tragen kam.

Awards German Champions Elite Men - GDC Ilmenau 2017.jpg

Die schnellste Zeit des Tages wurde nämlich nicht vom Sieger der Elite Klasse eingefahren, sondern erneut von Max Hartenstern (Cube Global Squad), der in der Juniorenklasse startete. Das Regelwerk des BDR besagt in einem solchen Fall, dass der Meistertitel der Elite Klasse dann an den Junior geht und somit bekam das Nachwuchstalent die Medaille. Bei den Frauen hatte die Deutsche Downhill Elite am Ende ebenfalls das Nachsehen, denn den Titel sicherte sich Raphaela Richter (Radon Factory Racing), die eigentlich im Endurosport zu Hause war.

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Der Klassiker

Wie man sieht, sind viele der Austragungsorte von der Bildfläche verschwunden, doch einige der ganz alten Veranstaltungsorte halten immer noch die Fahnen hoch. Bad Tabarz, als ältestes Rennen Deutschlands, fand vor fünf Jahren seit längerem wieder zurück auf die internationale Bühne und hat 2018 zum fünften Mal dieses prestigeträchtige Rennen ausgetragen. Nebenbei beging der Kurort, der somit seit drei Jahren das "Bad" im Ortsnamen trägt, sein 25. Rennjubiläum. Die Resonanz auf die erneute Vergabe nach Thüringen fiel überall durchaus positiv aus und somit legten die Veranstalter sich richtig ins Zeug, um abermals ein würdiger Austragungsort zu sein. Ein besonderes Ereignis war definitiv das Race of Legends, bei dem etwa 20 Fahrer mit teilweise historischem Material an den Start des originalen Streckenverlaufs von 1993 gingen. Auf dem Kurs eröffnet und danach moderiert wurde das Ganze von Uwe Buchholz – und was der für alte Kamellen herausholte, war wieder unglaublich und wirklich hoch interessant. Die vielen Zuschauer und erst recht die Protagonisten haben dieses Rennen sehr genossen, sodass es eine schöne Würdigung des 25 Jahre andauernden Enthusiasmus des Ausrichters war.

Race of Legends in Bad Tabarz 2018 Race of Legends in Bad Tabarz 2018

In der Elite Women Klasse waren mit Harriet Rücknagel (Rad-Art Ilmenau), Sandra Rübesam (Nukeproof) und Raphaela Richter (Radon Factory DH Racing) drei ehemalige Deutsche Meisterinnen angetreten, um erneut den Titel mit nach Hause zu nehmen. Aber seit einiger Zeit hebt sich die ehemalige Leichtathletin Nina Hoffmann (Santa Cruz) als größtes deutsches Talent hervor. Und alle, die diesen Sport verfolgen, wissen, dass sie sich in diesem Jahr sogar bis in die Weltspitze hoch gearbeitet hat. Vielleicht könnte man sagen, dass Bad Tabarz ein erster Höhepunkt dieser Laufbahn war, denn mit über zwei Sekunden Vorsprung sicherte sie sich das begehrte Trikot. In der Elite Men Klasse war dann allerdings Konstanz angesagt, denn erneut hat sich Max Hartenstern durchgesetzt und damit bewiesen, dass er aktuell der beste deutsche Downhill-Fahrer ist, auch wenn es international nicht so richtig klappen will.

Siegerehrung Elite Women mit Hoffmann auf 1, Richter auf 2 und Rübesam auf Platz 3 Siegerehrung Elite Women mit Hoffmann auf 1, Richter auf 2 und Rübesam auf Platz 3

So viel zur Vergangenheit, denn jetzt ist es wieder soweit und die Geschichte der Deutschen Meisterschaft wird weiter fortgeschrieben. Die meisten Favoriten sind gemeldet, wobei Nina Hoffmann in der Liste fehlt, da sie immer noch mit einer Verletzung an der Schulter zu kämpfen hat. Am kommenden Wochenende werden alle Augen auf Thale gerichtet sein. Wir freuen uns auf dieses Ereignis und sind gespannt, ob es wieder neue Namen in die Siegerstatistik schaffen.

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Die Chronik

Chronik DM

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